Gott ruft alle Menschen an der Fülle des Lebens und an seinem Heil, das er uns durch sein Kreuz und seine Auferstehung erworben hat, teilzuhaben. Einige aber beruft er wie die Apostel dazu, alles zu verlassen und ihm in besonderer Weise nachzufolgen.
Die Berufung zum Priestertum ist in erster Linie ein Ruf der Liebe des Herrn. Gott weckt in manchen Herzen den Wunsch sich Ihm ganz hinzugeben um den Menschen das Heil zu verkünden. Dieser Ruf kann sich im konkreten Leben oft auf ganz unauffälige Art und Weise ausdrücken. Er zeigt sich vor allem an drei Dingen: Verlangen, Erfahrung und Eignung. Ein tiefes Verlangen, vereint mit Christus, das Evangelium zu verkünden und Gott mit ungeteiltem Herzen zu dienen. Die Erfahrung einer grossen inneren Freude in Momenten, die man Gott im Gebet oder in Akten der Nächstenliebe widmet. Und zuletzt das Vorhandensein persönlicher Eigenschaften, die für ein Leben als Priester notwendig sind. An diesen drei Punkten kann man erkennen ob der Herr uns ruft. Priester werden und Priester sein bedeutet immer gleichzeitig sowohl die Antwort auf einen konkreten Ruf Gottes sowie die Erfüllung des tiefsten Verlangens unseres Herzens.
Betrachten wir dies noch genauer: Gott ruft wen er will ohne jeglichen Verdienst unsererseits. Man wird nicht zum apostolischen Dienst gerufen, weil man besser ist als die anderen – die zahlreichen Fehler und Schwächen des Petrus, Oberhaupt der Apostel, zeigt dies sehr gut und er ist der Erste, der um seine Schwäche weiß (vgl. Lk 5,8). Gott ruft nicht die Besten, er ruft „diejenigen, die er will“ (Mk 3,13).
Eine Berufung wird in der Stille unseres Herzens wahrgenommen. Sie ist gleichzeitig höchstpersönlich, das heißt sie betrifft unsere Persönlichkeit in ihrem innersten Kern und will das Beste aus uns hervorbringen.
In einem ersten Schritt der Berufungsprüfung ist es ratsam sein christliches Leben zu vertiefen: Das heißt ganz konkret, sich mehr Zeit zum stillen Gebet nehmen, das Wort Gottes betrachten, öfter zur Messe gehen, regelmässig beichten, geistige Lektüre lesen oder seine Beziehung zur Gottesmutter durch das einfache Gebet des Rosenkranzes pflegen.
Da es wichtig ist zwischen Ruf Gottes und persönlicher Einbildung zu unterscheiden, empfiehlt es sich, seine Gedanken mit einer erfahrenen und gut ausgebildeten Personen zu teilen. Hierfür ist es ratsam, sich einen geistlichen Begleiter zu suchen, einen Priester oder jemanden aus einem Orden, um mit ihm über die Frage der Berufung sprechen und sich bei ihm Rat holen zu können.
Es ist auch wichtig, sich bewusst Zeit mit Gott zu nehmen um seine Berufung zu prüfen. Man kann zum Beispiel speziell dafür vorgesehene Unterscheidungsexerzitien machen oder sich einfach für eine gewisse Zeit in die Stille eines Klosters zurückziehen.
Wenn der Wunsch wirklich da ist Priester zu werden – dabei muss man nicht unbedingt Jahre auf eine Art unanfechtbaren Beweis gewartet haben – kann man einfach mit dem Regens Kontakt aufnehmen und ihm seine Situation, seinen Wunsch oder einfach nur die eigene Frage nach der Berufung schildern. Nur Mut! Die Aufgabe des Regens ist es, dem jedem dabei zu helfen den Willen Gottes für sein Leben zu entdecken! Er hat kein Interesse daran einen jungen Mann in die Priesterausbildung aufzunehmen, der im Seminar fehl am Platz wäre –darunter würde nicht nur er, sondern auch die gesamte Gemeinschaft leiden. Das Gespräch mit dem Regens wird dann den weiteren Ablauf bestimmen: Ist es besser, die Berufung noch weiter zu prüfen oder den großen Sprung ins Seminar zu wagen? In jedem Fall ist der erste Studienabschnitt, vor allem das Propädeutikum, zur Berufungsprüfung vorgesehen. Man wird nicht gleich mit Eintritt Priester und die vielseitige und vollständige Ausbildung hier im Seminar erlaubt es dem Seminaristen seine Berufung ernsthaft zu prüfen.
Im Rahmen der Ausbildung im Seminar wird die Berufung durch die Kirche geprüft. Auch wenn die Berufung zu Beginn als ein persönliches Verlangen, als eine Antwort auf einen konkreten Ruf Gottes wahrgenommen wird, so ist die Berufung gleichzeitig ein „objektives“ Berufensein durch die Kirche Christi, der der Herr diese Aufgabe anvertraut hat. Wie Jesus ruft die Kirche, vertreten durch die Verantwortlichen der Priesterausbildung, „wen (sie) will“ (Mc 3, 13). So findet im Seminar eine doppelte Berufungsprüfung statt: Einerseits auf der Seite des jungen Mannes, der ins Seminar eintritt und anderseits von Seiten der Kirche durch diejenigen, die für die Ausbildung die Verantwortung tragen.
Auf diese Weise wird während der gesamten Zeit im Seminar, insbesondere in den drei ersten Jahren der Priesterausbildung, dem Seminarist Gelegenheit gegeben seine Berufungsprüfung zu prüfen, zu vertiefen und mit der Zeit reifen zu lassen. Dies geschieht durch den Kandidaten selbst, unterstützt von seinem geistlichen Begleiter und in regelmässigen Gesprächen mit dem Regens des Seminars sowie dem Generalmoderatoren der Gemeinschaft, seinem Ordinarius.
Um Priester in der Gemeinschaft Sankt Martin zu werden, muss man sich vom Gemeinschaftsleben angezogen fühlen, die ständige Mobilität in Kauf nehmen und bereit stehen zum Dienst in der Mission.
Das Seminar empfängt junge Männer, die Priester in der Gemeinschaft sein möchten. Es ist ein geeigneter Ort um, auf die Eingebungen des Heiligen Geistes hörend, seine Berufung ernsthaft und gemeinsam mit der Kirche zu prüfen. Die Seminaristen empfangen dort gleichzeitig die menschliche, intellektuelle, pastorale und geistliche Ausbildung, die für den Dienst des Priesters und Diakons notwenig ist.
Um in die Gemeinschaft Sankt Martin einzutreten, muss man zuerst mit dem Leiter des Ausbildungshauses, don Edouard de Vregille, Kontakt aufnehmen. Ein mehrtägiger Aufenthalt im Ausbildungshaus ist immer möglich und auch wünschenswert um die Gemeinschaft und ihre Verantwortlichen besser kennenzulernen.
Nach siebenjähriger Ausbildung kann der Seminarist zum Diakon geweiht werden. Nach einem weiteren Jahr in einer der Pfarren der Gemeinschaft, kann er dann zum Priester geweiht werden. Die Seminaristen der Gemeinschaft Sankt Martin werden vom Generalmoderatoren der Gemeinschaft zu den heiligen Weihen zugelassen.
Das brüderliche Gemeinschaftsleben der Priester und die gemeinsame Ausübung der Seelsorge nach dem Beispiel der Apostel ist ein von der Kirche sehr geschätztes Mittel das Priestertum Christi auszuüben und ihm in aller Radikalität nachzufolgen.
Es gründet sich auf der Tatsache, dass alle Priester am einen und einzigen Priestertum Christi teilhaben. Es ist gleichzeitig Gelegenheit nach wahrhaftiger Nächstenliebe zu streben, die fähig ist auf die gesamte Pfarre auszustrahlen. Aus diesen Gründen hat das Zweite Vatikanische Konzil und das Lehramt der Kirche das Gemeinschaftsleben auch mit Nachdruck empfohlen.
PRIESTER SEIN – AUSBILDUNG – UNTERSCHEIDUNG